Eigentlich ist es ja recht einfach: Wer seine Kinder in ein aktives Kriegsgebiet schickt, in dem regelmäßig Bomben fallen, das von einem Land besetzt ist, das aktiv Kinder entführt, der sollte recht direkt das Sorgerecht verlieren.
Abgesehen von sollte, fällt sowas nicht unter Gefährdung von Kindeswohl und ist somit ein Fall für das Jugendamt?
Ja, natürlich. Die Frage ist halt, ob das Jugendamt das mitbekommt.
Hab denen mal den Artikel weitergeleitet. Also mitbekommen sollten sie es nun zumindest haben.
“Aber das geht nicht, wir haben schon das Ferienlager in Pjöngjang für nächstes Jahr gebucht!”
Pjöngjang würde ich persönlich als deutlich unkritischer ansehen - da findet zumindest noch kein (heißer) Krieg statt…
Ja, nur werden da Touristen auch mal willkürlich ins Arbeitslager gesteckt ohne dass Diplomaten dich da rausholen können, weil Nord Korea sowieso schon boykottiert ist und genau wie Russland einen fick auf internationale Verträge gibt.
Ich habe den leisen Verdacht, dass die Eltern dieser Kinder etwas zu viel auf Telegram abhängen.
Die Eltern dieser Kinder sind mit 99%iger Wahrscheinlichkeit selbst Russlanddeutsche und nicht Hans-Dieter der zu viel Zeit in Schwurbelkanälen verbringt.
Das eine (Russlanddeutsche) schließt das andere (Konsumieren von Schwurbelkram) ja nicht aus.
Klar, aber die Leute sind da in erster Linie einfach “staatstreu” und nicht der 08/15-Verschwörungstheoretiker.
Keine Ahnung, wer diese Aussage für kontrovers hält.
Kinder aus Deutschland verbringen drei Wochen im bekanntesten Jugendzentrum Russlands auf der annektierten Krim. Putins Partei “Einiges Russland” organisiert das Programm und russische Soldaten präsentieren einen wohlwollenden Blick auf den Ukrainekrieg: Für Propaganda holt Russland auch Minderjährige aus dem westlichen Ausland auf die annektierte und international isolierte Krim – und Eltern in Deutschland spielen offenbar mit.
Mehrere Kinder und Jugendliche aus Deutschland waren drei Wochen lang Teilnehmer eines Ferienlagers im Artek-Ferienzentrum. Der aus sowjetischer Zeit stammende Komplex ist flächenmäßig größer als Monaco und wurde nach der Annexion der Krim vom Kreml für Hunderte Millionen Euro als Vorzeigeprojekt zur patriotischen Bildung der Jugend ausgebaut.
Im achten Durchgang in diesem Jahr nahmen mehr als 3.000 Kinder und Jugendliche aus 60 Ländern teil. Ein Teil der Teilnehmer der Camps zahlt für den Aufenthalt, die übrigen bekommen ihn spendiert – als Belohnung für besondere Leistungen oder die erfolgreiche Teilnahme an Wettbewerben. Auch Kinder aus Deutschland, Frankreich und Finnland wurden offenbar als Gewinner eines Wettbewerbs “Menschen von Artek” zu der komplizierten Reise auf die Krim eingeladen.
Beim Jugendlager auf der Krim gab es für die kleine Gruppe aus Deutschland, Finnland und Frankreich ein eigenes Programm, inklusive eines Treffens mit einem früheren Kosmonauten. Putins Partei “Einiges Russland”, mehrere Regierungsstellen und -agenturen sowie der Staatskonzern Rossatom sind Partner bei dem Wettbewerb, der das Ferienzentrum Artek würdigen und andere Kinder für die Geschichte begeistern soll. Lange war der Aufenthalt dem Nachwuchs der Parteieliten vorbehalten, auch handverlesene Pioniere aus der DDR durften hier Ferien machen. Im Westen geriet das weltgrößte Jugendlager in die Schlagzeilen, weil es in diesem Jahr auf die Sanktionslisten gesetzt wurde: Kinder aus besetzten ukrainischen Gebieten sollen auch zur Umerziehung hierher gebracht worden sein.
Der aktuelle Urlaub von Kindern aus Westeuropa in der Anlage wurde durch einen Bericht des öffentlich-rechtlichen finnischen Fernsehens bekannt. Die russischen Organisatoren hatten allerdings aus ihren Ferienkindern auch kein Geheimnis gemacht: Fast 5.000 Fotos gibt es in einem Album im russischen sozialen Netzwerk VK. Der Sender RT, diverse Beteiligte und Organisationen verbreiteten zudem Bilder und Informationen mit den Jugendlichen aus Deutschland. Auch das Russische Haus in Paris postete Bilder.
Das Russische Haus in Berlin und die Botschaft Russlands in Berlin erklärten dagegen auf t-online-Anfrage, keine Informationen zu haben, und verwiesen an Artek. Artek beantwortete Fragen vom Montag nicht. In einem im August verbreiteten Video bedanken sich zwei Mädchen und ein Junge aus Deutschland namentlich beim Russischen Haus in Straßburg und einer Mit-Organisatorin in Berlin. Das Video wurde von der auf der Krim stammenden und in Deutschland lebenden Journalistin Anastasia Magazova entdeckt und im russischen Netzwerk VK verbreitet. Die Kinder lesen den Text offenbar ab.
Auf einem Bild der Gruppe während des Krim-Aufenthalts ist groß die deutsche Fahne zu sehen, daneben befinden sich kleiner die französische und finnische. t-online hat die Gesichter der Kinder in dem Bild unkenntlich gemacht. Das Foto entstand bei einer Veranstaltung mit Roman Romanow, dem Leiter eines Programms der Putin-Partei “Einiges Russland”. Er sagte: “Ich bin zuversichtlich, dass alle Kinder, die das Artek-Kinderzentrum im Rahmen der Kampagne besucht haben, für immer Freunde Russlands bleiben werden.”
Während des Aufenthalts im Camp begegneten die Teilnehmer russischen Nationalsymbolen. Verwundete Kämpfer, die sich auf der Krim erholen, waren ebenso anwesend wie ein Wagner-Kämpfer, der dem Feriencamp eine Fahne von der Eroberung von Bachmut übergab. Das Foto mit der großen Deutschlandfahne zeigt die Gruppe am Museum für den Schriftsteller Julian Semjonow, durch das dessen Tochter die Gäste führte. Teil des Sonderprogramms war auch ein Treffen mit dem Kosmonauten Wladimir Titow, der mehr als ein Jahr im All verbracht hat.
Die vollen Namen der Kinder werden nicht genannt, lediglich in einem Text ist von “Nikita aus Deutschland” die Rede. Zumindest ein Kind aus Deutschland saß offenbar auch an einem runden Tisch im Liwadija-Palast des letzten russischen Zaren Nikolaus II. Bei dem Treffen hatte der zugeschaltete Außenminister Sergej Lawrow die Jugendlichen begrüßt. Vor den Kindern standen Fahnen ihrer Heimatländer, und die Veranstalter nannten die Runde “Artek – die Hauptstadt der Kinderdiplomatie”. Die Teilnehmer wurden in den “Klub der Freunde Russlands” von “Einiges Russland” aufgenommen und sollen die Werte des russischen Staates in ihren eigenen Ländern vertreten – “traditionelle Werte” – eine Botschaft, mit der der Kreml kontinuierlich gegen den vermeintlich verdorbenen Westen Stimmung macht.
Den Teilnehmern begegneten, wie Fotos und Videos zeigen, auf Schritt und Tritt russische Nationalsymbole. In dem Lager dürfen Kinder, die besonders positiv aufgefallen sind, täglich die Nationalflagge hissen. Bei der Abschlussfeier hielten die Teilnehmer aus mindestens 60 Ländern russische Fahnen in den Händen. Das Wichtigste, was den Teilnehmern vermittelt worden sei, sei Einheit, sagte Konstantin Fedorenko, der Direktor des Kinderzentrums: “Schließlich liegt unsere Stärke in der Einheit.”
Um die Unterstützung der russischen Soldaten in der Ukraine ging es in dem Camp auch – und dazu traten Kämpfer auf. “Den Kindern müssen Beispiele für Patriotismus gezeigt werden, und man muss ihnen diejenigen vorstellen, die offen darüber sprechen, was Liebe zum Vaterland ist”, hieß es von einer Veteranen-Stiftung. Aus deren Reihen kam unter anderem ein Soldat, der mit den Wagner-Truppen bei der russischen Eroberung Bachmuts beteiligt war. Artek hat nicht beantwortet, ob Treffen mit Soldaten auch Teil des Programms der Jugendlichen aus Westeuropa waren.
Vom deutschen Außenministerium hieß es auf t-online-Anfrage zu dem Feriencamp, dass für die Ukraine einschließlich der Halbinsel Krim seit Längerem eine Reisewarnung gilt. “Deutsche Staatsangehörige sind dringend aufgefordert, das Land zu verlassen.” In seiner Warnung weist das Auswärtige Amt auch darauf hin, dass auf der Krim derzeit kein konsularischer Schutz gewährt werden kann.
Der Inhaber des Reiseveranstalters Rus-Krim-Tour sagte einem örtlichen Radiosender, die Kinder seien für die Anreise zum Teil zwei, zum Teil vier Tage unterwegs gewesen. “Aber alle waren mit ihrer Reise auf die Krim zufrieden.” Sie “stammten aus Familien, die nicht durch westliche Propaganda einer Gehirnwäsche unterzogen wurden”. Das Camp versicherte, dass zur Sicherheit der Kinder an den Abfahrtsorten umfassende Sicherheitsmaßnahmen organisiert worden seien.
Aus der jüngeren Vergangenheit sind keine anderen Besuche von Kindern aus Deutschland in der Ferienanlage bekannt geworden. 2017 hatte der Sender RT berichtet, dass zehn Kinder aus Berlin und Sachsen mit einer Lehrerin aus Berlin angereist seien.
Sehr befremdlich.
Man fragt sich, welcher Gesinnung die Eltern angehören müssen, und wer das wohl überprüft und ausgewählt hat…
Was gibt es da groß zu überprüfen? Es war offenbar nicht Ziel, die ganze Aktion geheim zu halten und von Kindern kannst du auch nicht erwarten, dass sie nichts von ihrem drei Wochen Sommercamp erzählen werden.
Ich denke man wird schon darauf geachtet haben, dass da auch keine sensiblen Informationen geflossen sind. Andererseits hat sich die russische Armee in der Hinsicht auch nicht gerade engagiert gezeigt. Kommunikation über Discord, private Handys…
Das erklärte Ziel ist doch, das Camp und die Propaganda dort durch die Kinder verbreiten zu können.
“Kinderdiplomatie” ist ein netter Euphemismus dafür.
Was […] überprüfen?
Was ich geschrieben habe: die Gesinnung der Eltern.
Was könnte denn Nachteiliges für Russland passieren, wenn Eltern mit der falschen Gesinnung aus russischer Sicht ihre Kinder dort hinschicken würden?
Mir fällt da nichts ein. Wer sich gegen Putins Regime stellt, wird dem Regime wohl kaum seine Kinder anvertrauen. Doch selbst wenn, fällt mir da nichts ein, was die Kinder machen könnten, dass für Russland ein Problem wäre.
Was zum fliegenden Fick?
„Nikita aus Deutschland“ also entweder Russlanddeutsche oder Russen die als deutsche dargestellt werden um Unterstützung vorzutäuschen. Haben ja schon genug Fälle gehabt wo Bilder aus Sibirien als Bilder aus Berlin gezeigt werden. Für mich nicht wunderlich.